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Kurzer Überblick der Geschichte der Ungarndeutschen

(Viktor Pócsik – József Brauer-Benke
Ungarndeutsche in Pesterzsébet 2006, Budapest)

 

Mit größter Wahrscheinlichkeit lebten schon vor der ungarischen Landnahme germanische Volkssplitter im Karpathenbecken, diese spielten aber weder in der Entstehung des Deutschtums in der Arpadenzeit, noch in der des neuzeitlichen Deutschtums. Auf dem Gebiet des heutigen Ungarn leben Deutsche, die während des Mittelalters ansiedelten, nur im geringen Anteil. Nur das Deutschtum in Westungarn und die Einwohner der ehemaligen Bergstadt Nagybörzsöny/Deutschpilsen gehören zu dieser Gruppe. Der Großteil der heutigen Deutschen fand nach der Türkenzeit eine neue Heimat in Ungarn. 1689 erschien das königliche Ansiedlungspatent, es wurde die Neoacquistica Comissio, also die Neuerwerbungskomission ins Leben gerufen. Ein Ziel neben der Neubesiedlung der verödeten Gebiete war, ein Gegengewicht von deutschen katholischen Bauern zum habsburgfeindlichen ungarischen Adel zu bilden. Die Ansiedlung hatte drei große Züge. (Die großen „Schwabenzüge”.) In der ersten Epoche zwischen 1689 und 1740 unter der Herrschaft von Karl III. (Karolingische Kolonisation) kamen deutsche Bauern nach Transdanubien in die Komitate Esztergom, Veszprém, Győr, Komárom, Pest, Fejér; ins Oberland in die Komitate Hont, Heves und Zemplén; in die Tiefebene in dei Komitate Békés und Szatmár und vereinzelt in die Batschka und ins Banat. In dieser ersten Epoche initiierten die Ansiedlungen Grundherren. –in der zweiten Epoche zwischen 1740 und 1780 unter der Herrschaft von Maria Theresia (Theresianische Kolonisation) leitet die Ansiedlungen in erster Linie die königliche Kammer. Betroffen sind deshalb die königlichen Besitzungen in der Batschka und im Banat. Die dritte, die letzte Epoche war unter der Herrschaft von Josef II, sie begann mit seinem Ansiedlungspatent 1782. Die Ansiedler kamen in erster Linie auf die Kameralgüter der Batschka und des Banats und in kleinerem Maße in die Komitate Vas, Esztergom, Pest, Somogy und Tolna. Damit beendete sich der große Schwabenzug. Neuere deutsche Siedlungen entstanden aus der Binnenwanderung (Tochtersiedlungsbewegung).

 

 

 

 

Deutsche und „schwäbische” Identität

 

Aus dem ansiedlungsgeschichtlichen Überblick wird es klar, dass das ungarländische Deutschtum aus mittel- und süddeutschen Gebieten stammte. Trotz der allgemeinen Bezeichnung der neuzeitlich Angesiedelten Deutschen „schwäbisch” – die im ganzen Karpathenbecken verbreitet ist – wurden Kolonisten schwäbischer Abstammung geschlossen nur im Komitat Sathmar angesiedelt.[1] Die ersten Siedler kamen wirklich aus Schwaben und Württemberg durch Ulm mit Schiffen auf der Donau. Deshalb wurde ihr Stammesname in den Sprachen der Völker des Karpathenbeckens die allgemeine Bezeichnung für die deutschen Kolonisten. Die Pestepidemien im 18. Jh. dezimierten aber ihre Reihen, und größere Gruppen von ihnen wanderten an der Donau nach Dobrudscha und in die Ukraine aus. Aus diesem Grund ist im heutigen Ungarn nur die Bevölkerung von Tevel/Tewel, Zomba/Sumba, Kisdorog/Kleindorog und Hajós/Hajosch als „echt schwäbisch” zu betrachten.  In der Geschichte kam es mehrmals vor, dass der Name eines kleineren Stammes oder Völkergruppe später für die Bezeichnung einer ganzen Nation übertragen wird. Die Franzosen dehnten den Stammesnamen der Alemannen für das ganze deutsche Volk aus, im mittelalterlichen Ungarn war die Bezeichnung aller Deutschen – außer der Baiern – Sachse.

Nach den Schwaben kamen in den Karpathenbecken bairische und fränkische Gruppen, die sich selbst als Deutsche bestimmten, weshalb sie gegen die Bezeichnung „schwäbisch” nicht protestierten. Später wurde „schwäbisch” die Selbstbezeichnung der während des großen Schwabenzuges im 18. Jh.-s angesiedelten Deutschen. Das Deutschtum in Westungarn und im Dorf Nagybörzsöny hält sich nicht für „Schwaben”, weil sie vor dem großen Schwabenzug ansiedelten.

Später kam der Bezeichnung unter den Ungarndeutschen auch ein soziales Urteil zu, wo schwäbisch mit bäurisch identisch war. Demzufolge fühlte sich die höhere Schicht, also die deutschstämmigen Beamten, Polizisten oder dergleichen nicht mehr schwäbisch. Danach wurden sie in ungarischer Mehrheit ziemlich schnell assimiliert. Wegen des mitgebrachten Erbrechtes, wo im Gegenteil zu den Ungarn nur dem ersten Sohn Haus und Hof zukam, mussten die anderen Söhne Soldaten, Geistliche oder Beamte werden. So musste man immer mit der Madjarisierung dieser Schicht rechnen.

Zu bemerken ist noch, dass wegen der erwähnten Bedeutungsänderung des Begriffs „schwäbisch” die Handwerker, Händler und Beamten der während des Schwabenzuges entstandenen Städte sich auch nicht als „Schwaben” bezeichneten. 

Das Deutschtum in Pesterzsébet

 

Die im Jahre 2000 erschienene ausgezeichnete zusammenfassende Stadtmonographie Pesterzsébet története (Die Geschichte von Pesterzsébet) beschäftigt sich mit der demografischen Angaben der Bevölkerung, die ethnische Zusammensetzung derer wurde aber überhaupt nicht erwähnt.[2] Das vom Wendelin Hambuch herausgegebene Werk Deutsche in Budapest gibt einander in großen Zügen deckende Zahlen über die deutsche Bevölkerung von Pesterzsébet.[3]

In der Arbeit von Zoltán Fónagy beträgt die Zahl der Deutschen in Pesterzsébet

  • im Jahre 1880: 807 Personen, die 59,6% der Geamtbevölkerung,
  • im Jahre 1900: 1 696 Personen, die 10,8 % der Geamtbevölkerung,
  • im Jahre 1930: 1 586 Personen, die 2,6% der Gesamtbevölkerung ist.[4]

In demselben Band, in der Arbeit von Johann Eppel beträgt die Gesamtbevölkerung von Pesterzsébet

  • im Jahre 1880: 1 335 Personen, davon 610 Deutsche (45,7%),
  • im Jahre 1900: 15 735 Personen, davon 1 696 Deutsche (10,8%),
  • im Jahre 1930: 67 907 Personen, davon 1 886 Deutsche (2,8%).[5]

 

Es lässt sich gut beobachten, dass größerer Unterschied nur in den Daten von 1880 zu finden sind. Als dritte Quelle nehmen wir die Daten des im Jahre 1936 in der Reihe „Monographie ungarischer Städte” erschienen, von Miksa Ladányi herausgegebenen „Pesterzsébet, Kispest und seine Umgebung” Werkes:[6]

Die Einwohnerszahl von Pesterzsébet (1880 noch Erzsébetfalva genannt) betrug

  • im Jahre 1880: 958 Personen, davon 610 Deutsche (63,7%),
  • im Jahre 1900: 15 732 Personen, davon 1 696 Deutsche (10,8%),
  • im Jahre 1930: 67 907 Personen, davon 1 586 Deutsche (2,3%).

Die Daten von 1880 sind hier auch unterschiedlich. Als sicherste Daten können die von 1900, weil sie in allen drei Quellen gleich sind. In Betracht der Unterschiede kann auch festgestellt werden, dass laut der statistischen Daten von 1880 die ersten Ansiedler von Pesterzsébet überwiegend Deutsche waren.[7] Wenn man den Anteil der Nationalitäten in den umliegenden Ortschaften untersucht, stellt es sich heraus, dass die Bevölkerung von Pesterzsébet – ähnlich zu Kispest – dank der Einwanderung explosionsartig wuchs, und sich der Anteil der deutschen Urbevölkerung verringerte.[8]

Im Jahre 1880 war die Geamtbevölkerung von

Kispest 1 688 Personen, davon Deutsche 398 (23 %)

Pesterzsébet 958 Personen, davon Deutsche 610 (63,7 %)

Soroksár 6 583 Personen, davon Deutsche 5 221, (79,3 %)

 

Im Jahre 1900 war die Geamtbevölkerung von

Kispest 15 756 Personen, davon Deutsche 1 185 (7,5 %)

Pesterzsébet 15 732 Personen, davon Deutsche 1 196 (10,8 %)

Soroksár 8 871 Personen, davon Deutsche 7 353 (82,9 %)

 

Im Jahre 1930 war die Geamtbevölkerung von

Kispest 64 512 Personen, davon Deutsche 1 355 (2,1 %)

Pestszentlőrinc 30 611 Personen, davon Deutsche 478 (1,5 %)

Pesterzsébet 67 907 Personen, davon Deutsche 1 586 (2,3 %)

Pestszentimre 8 192 Personen, davon Deutsche 121 (1,5 %)

Soroksár 14 387 Personen, davon Deutsche 8 197 (57 %).

 

Aus den Statistiken kann man nur die Angaben der Muttersprache sehen, diese basieren sich auch auf dem eigenem Bekenntnis, wo man geboren ist, woher man kam, bleibt aber unbekannt. Darüber beschwerte sich Imre Molnár im Jahre 1936: „Wie viele die Welt in einer anderen Vorstadt, in einer umliegenden schwäbischen Siedlung oder in den ferener liegenden ungarischen Dörder erblickten, weiß man nicht.”[9]

1869 lebten auf dem Gebiet der heutigen Pesterzsébet 223 Personen. Weil die Vermessung der Grundstücke erst im nächsten Jahr begann, sind die Angaben der nächsten Volkszählung wesentlich relevanter. 1880 hatte Erzsébetfalva 1 355 Einwohner. Diese Angabe bringt János Eppel und Zoltán Fónagy in ihrer zwei Artikeln im Band Deutsche in Budapest. Es gibt aber einen Unterschied: Bei Eppel beträgt die Zahl der Einwohner deutscher Muttersprache 610 (45,7 %), bei Fónagy 807 Personen (69,6 %). Im Werk „Pestszenterzsébet, Kispest és környéke [Pesterzsébet, Kispest und ihre Umgebung] von Miksa Ladányi sind ebenfalls 610 Personen deutscher Muttersprache angeführt, die Gesamtbevölkerung ist aber 958, der nteil der Deutschen ist deshalb 63,7 %. Aus diesem Grund ist es nicht geklärt, wie viele die Deutschen waren.

1890 war die Gesamtbevölkerung von Erzsébetfalva 4 754 Personen.[10]Imre Molnár behauptet, dass es damals schon dreimal so viel Ungarischsprachige, als Deutschsprachige in Erzsébetfalva wohnten.[11]

Nach der Vereinigung von Kossuthfalva und Erzsébetfalva und deren Verselbständigung von Soroksár am Ende des 19. Jahrhunderts erfolgte die erste Volkszählung 1900. Die Gesamtbevölkerung betrug damals schon 15 732 Personen, während zehn Jahre verdreifachte sich also die Bevölkerung.[12] Neben den 13 053 Ungarn (83 %) sind mit 1 696 Personen (10,8 %) die Deutschen und mit einige Hundert Personen die Slowaken die zwei größten Volksgruppen fremder Muttersprache. Die anderen Nationalitäten sind praktisch zu vernachlässigen (jede sind mit weniger als 20 Personen vertreten).

Die größten Konfessionen sind die römisch katholische Kirche mit 11 143 Personen (70,8 %), die kalvinistische Kirche mit 2 114 Personen (13,4 %), die israelitische Kirche mit 1 513 Personen (9,6 %) und die evangelische Kirche mit 795 Personen (5 %).

Im Jahre 1920 war die Gesamtbevölkerung von Erzsébetfalva schon verdoppelt: Hier lebten 30 970 Personen. Neben 28 781 Ungarn (92,9 %) waren 1 254 Deutsche (4 %) und 425 Slowaken (1,4 %).[13]

Die größten Konfessionen sind die Katholiken mit 21 781 Personen (70,3 %), die Kalvinisten mit 4 430 Personen (14,3 %), die Israeliten mit 2 953 Personen (9,5 %) und die Lutheraner mit 1 385 Personen (4,5 %).

Im Jahre 1920 betrug die Zahl der Einwohner schon 40 545.[14] Davon waren 38 034 Personen (93,8 %) Ungarn, 1 517 (3,7 %) Personen Deutsche und 428 Personen (1 %) Slowaken.

Die größten Konfessionen sind die Katholiken mit 28 502 Personen (70,3 %), Kalvinisten mit 6 192 Personen (15,3 %), die Israeliten mit 3 293 Personen (8,1 %), Lutheraner mit 1 867 Personen (4,6 %).

1930 ist die Gesamtbevölkerung 67 907 Personen.[15] Davon haben 1 586 Personen (2,3 %) deutsche, und 506 Personen slowakische Muttersprache (0,74 %).

Die größte Konfessionen sind die Katholiken mit 47 015 Personen (69,2 %), die Kalvinisten mit 13 266 Personen, die Israeliten mit 4 522 Personen (6,6 %).

Die Bevölkerungszahl von Pesterzsébet war 1941 76 876 Personen.[16]

Muttersprache: Ungarisch: 75 501 (98,2%), Deutsch: 801 (1,1%), Slowakisch: 163 (0,2%)

Nationalität: Ungarisch: 75 988 (98,8%), Deutsch 358 (0,46%), Slowakisch: 103 (0,13 %)

Die Größten Konfessionen sind: Katholiken: 53 596 Personen (69,7 %), Kalvinisten: 14 089 Personen (18,3 %), Israeliten: 3 978 Personen (5,2%), Lutheraner: 3 623 Personen (4,7%).

Über Ungarischkenntnisse verfügen 76 558 Personen (99,6 %).

Diese war die erste Volkszählung, wo im Vergleich zu den vorigen Daten die Zahl der Personen mit deutscher Muttersprache nicht nur nicht wuchs, sondern sich auf die Hälfte verringerte. Aus den Ergebnissen der früheren Volkszählungen ist es natürlich auch klar, dass nur die absolute Anzahl der Muttersprachler wuchs, ihr Anteil innerhalb der Gesamtbevölkerung wurde immer kleiner. Die Angaben der Volkszählung von 1941 waren wahrscheinlich das Ergebnis der in den 1930er Jahren gipfelnden Assimilationswirkungen.

Die Angaben der Muttersprache und der Nationalität betreffend sind aus den Jahren 1949, 1960, 1970 nicht bekannt, weil diese nach Bezirken nicht bekanntgegeben wurden.

1980 lebten in Budapest insgesamt 2 924 Personen deutscher Muttersprache und 1 671 Personen deutscher Muttersprache. Im 20. Bezirk der Hauptstadt – in Pesterzsébet und in Soroksár zusammen – wurden 285 Personen deutscher Muttersprache und 231 Personen deutscher Nationalität registriert.[17]

1990 wurden in Budapest 2 887 Personen mit deutscher Muttersprache und 2 609 Personen deutscher Nationalität zusammengeschrieben, im 20. Bezirk waren diese Zahlen 140 und 185.[18]

Bei der letzten Volkszählung, 2001 sind Pesterzsébet und Soroksár wieder separat angeführt; in Pesterzsébet sind aus 65 295 Einwohnern 217 Personen (0,33 %) deutscher Nationalität, 307 Personen (0,47 %) fühlten sich zu deutschen Kulturwerten und Traditionen verbunden, 81 Personen (0,12 %) sind deutscher Muttersprache, 232 Personen (0,35 %) benutzen die deutsche Sprache in ihrer Familie oder Freundeskreis.[19]

In Soroksár sind diese Zahlen aus 20 697 Einwohnern 421 für Nationalität, 568 für kulturelle Werte, 76 Muttersprachler und 195 die deutsche Sprache in der Familie oder im Freundeskreis benutzend.

Wenn wir die Angaben aus 1990 mit den Angaben der nächsten Volkszählung vergleichen, wird es ersichtlich, dass die Zahl der Personen mit deutscher Muttersprache stagniert, der Anteil der Personen mit deutscher Nationalität vergrößerte.

Anhand der Familiennamen kann man folgende Feststellungen der Zahl der in Pesterzsébet wohnenden Deutschen machen: In Erzsébetfalva gab es 1910 anhand des Büchleins Erzsébetfalvai Útmutató [Erzsébetfalvaer Anzeiger] 2600-2800 Grundstückeigentümer mit verschiedenem Namen.[20] Ca 600 Grundstücke hatten den einen oder beiden Eigentümer mit deutschem Namen (Ehepaare). Das ist rund 20 % aller Grundstückeigentümer.

Unter den Grundstückeigentümern mit deutschem Namen sind wahrscheinlich Personen israelitischem Glaubens auch, aber bei 15 % aller Eigentümer kann man es annehmen, dass mindestens eine/r deutscher Herkunft war. Das bedeutet aber keinesfalls, dass ein Sechstel der Gesamtbevölkerung Deutsche waren, nur soviel, dass 15 % der Bevölkerung mindestens einen deutschstämmigen Elternteil hat. Wenn der Mann den deutschklingenden Namen hat, wird es von seinen Kindern weitergetragen, aber ein deutscher Name bedeutet in sich automatisch keine deutsche Identität oder deutsche Muttersprache.

In 176 Fällen wurden die vollständigen Namen der Ehepaare, die die Eigentümer waren (oder der Mädchen- und Frauenname des Eigentümers, aus dem man den Namen des ins Grundbuch nicht eingetragenen, oder verstorbenen Mannes sehen konnte).

In 74 Fällen (42 %) hatte der Ehemann einen deutschklingenden Namen, und seine Frau nicht, in 41 Fällen (23 %) hatte die Frau einen deutschen Namen und der Mann nicht, in 61 Fällen (35 %) hatten beide einen deutschklingenden Familiennamen.

Man kann es annehmen, dass die obigen Verhältnisse auch den Familien betreffen, wo uns keine Angaben zur Verfügung standen (z. B. bei den besitzlosen Mieter). Daraus folgt, dass ca zwei Drittel der Familien eine gemischte Ehe sind. Ein Problem bedeutet, dass man es nicht weiß, dass die Personen mit einem deutschklingenden Namen welcher Muttersprache waren, und ob sie eine deutsche Identität hatten. Wahrscheinlich folgen aber die Eheschließungsgewohnheiten der Personen mit deutscher Muttersprache/deutscher Identität auch den obigen Verhältnissen.  

Zusammenfassend kann man behaupten, dass in allen solchen Ehen, wo ein oder beide Elternteile deutscher Muttersprache und Identität war, der Anteil der nicht gemischten Ehen nur ein Drittel war. Die Kinder letzterer Gruppe hatten eine Chance dafür, in ihrer Familie die deutsche Sprache zu erlernen. Die Kinder der ersten Gruppe, wo nur ein Elternteil deutscher Herkunft war, waren die Chancen, die deutsche Sprache trotz der ungarischen Umgebung einer mehrere zehntausen Seelen zählenden Stadt in der Familie zu erlernen, gering.

 

Ein deutschsprachiges Wochenblatt in Erzsébetfalva

 

Die Präsenz einer bedeutenderen deutschen Minderheit beweist außer der in unserem Buch zitierten statistischen Daten (wonach z. B. 1880 die Mehrheit der Bevölkerung in Erzsébetfalva deutscher Zunge war) die Existenz einer örtlichen zweisprachigen Zeitung auch. Unter den sorgfältig zusammengetragenen und bewahrten Dokumenten des Pesterzsébeter Museums ist eine winzige Spur der bis heute einzigen abonnierten teils deutschsprachigen Wochenzeitung zu finden. Mit Hilfe der in der Széchényi-Bibliothek befindlichen Mikrofilm-Kopien lässt sich der Inhalt und die Geschichte der Zeitung beschreiben.[21]

Leider blieb nur der Jahrgang 1896 erhalten, und dieser auch nicht vollständig, weil am Ende des Jahres einpaar Nummer fehlen. Wahrscheinlich existierte die Zeitung aber 1897 auch, weil der Chefredakteur Kajetán Sepir erst 1898 Redakteur der bis 1914 erscheinenden Zeitschrift „Kispest-Szent-Lőrinczi Lapok” wurde.

Der Kispester Kajetán Sepir gründete seine Zeitung im Jahre des ungarischen Milleniums, die ab 5. April 1896 jeden Sonntagunter dem Titel „Kispest-Szent-Lőrinczer Journal” erschien. In der ersten Hälfte der Zeitung erschienen die Artikel in ungarischer, in der zweiten in wortwörtlichen Übersetzung in deutscher Sprache. Die Anzeigen waren aber entweder deutsch oder ungarisch.

Ab dem 3. Mai, (die 5. Nummer) umnannte der Chefredateur seine Wochenzeitung „gesellschaftlichem und gemischtem Inhaltes”, ab da erschien sie unter dem Titel „Soroksár-Erzsébet-Kossuthfalvai és Kispest-Szent Lőrinczi Hírlap und „Soroksár-Erzsébet-Kossuthfalvaer und Kispest-Szent Lőrinczer Journal”. In der Begründung sind die Folgenden zu lesen:

„… das Kispest-Szent Lőrinczer Journal, das sowohl wegen seines Inhalts als auch wegen seines aufrichtigen Stils heute schon unter breiteren Kreisen bekannt ist, und eine beliebte Zeitschrift unserer Gegend wurde, ändert ab heute seinen Namen, die Namen der immer enwickelnden Siedlungen Soroksár, Erszébetfalva und Kosuthfalva auch aufnehmend…”

Danach war in fast allen Nummern zu lesen, dass es zwischen dem Chefredakteur und dem Erzsébetfalvaer Papierwarenhändler Adolf Neumann, dem lokalen Vertreter des Journals Mißverständnisse und Meinungsunterschiede gaben. Aus diesen wird uns klar, dass die Verbreitung in Erzsébetfalva im Anfang stockte (Neumann sollte weder die Liste der Abonnenten noch die eingesammelten Gelder der Redaktion weitergeleitet haben).

Das Thema der Artikel waren die Ereignisse der damaligen aktualen Begebenheiten des alltäglichen Lebens, so war die Rede am 10. Mai 1896 über die Abtrennung von Erzsébetfalva von Soroksár.

Die Namen der Verstorbenen sind auch zu finden, die am 10. Mai in Erzsébetfalva so lautete: Katalin Gerstelmayer, 3,5 Jahre alt, Béla Renner, 2 Monate alt, Terézia Szeifert 72 Jahre alt, Jenő Kovács 2 Jahre alt. Aus dieser Liste kann man sich ein Bild über die ethnische Zusammensetzung der damaligen Bevölkerung verschaffen: Von den 4 Verstorbenen hatte 3 einen deutschen Namen. Die Namen, die am 31. Mai erschienen: Katalin Ujbányi 6 Monate alt, Ferencz Reich 3 Monate alt, György Depléer 2 Monate alt, Károly Fröschl 51 Jahre alt in Erzsébetfalva, Katalin Bialek 6 Monate alt, Pál Szarka 75 Jahre alt wegen Schlaganfall in Kossuthfalva. Am 30. August hatten unter den 37 Verstorbenen 14 einen deutschen Namen.

Anhand dieser Daten wird es auch klar, dass in Erzsébetfalva auch im Vergleich zu der Gesamtbevölkerung eine bedeuende deutsche Gemeinschaft lebte. Die Tatsache, dass diese zweisprachige Zeitung eine kurze Zeit fähig war, zu erscheinen, beweist, dass nicht nur die Abstammung vieler Leute in Pesterzsébet deutsch war, sondern, dass viele noch die Sprache ihrer Vorfahren verstanden und auch benutzten.

Der Leichenverein „Heiliger Josef” von Erzsébet- und Kossuthfalva

 

Der wahrscheinlich einzige, vor 1990 eingetragene, hauptsächlich deutsche Mitgliedschaft habende Verein war der im Jahre 1887 gegründete Leichenverein „Heiliger Josef” von Erzsébet- und Kossuthfalva (Erzsébet- és Kossuthfalvai Szent József Temetkezési Egylet). Der Leichenverein war im Kreise der Donauschwaben ziemlich verbreitet, seine Tätigkeit sah folgendermaßen aus: Noch als aktiver Mensch trat jemand in den Leichenverein ein, und bis zu seinem Tod zahlt er jeden Monat eine kleine Summe ein, wogegen man vom Verein beerdigt wurde. Ein solcher Verein war auch der Leichenverein von Erzsébet- und kossuthfalva.

In der Satzung von 1887 steht, dass jeder Mitglied werden kann, „zwischen 20 und 50 Jahren, ohne konfessionellen Unterschied, wenn er untadelhaftem Charakter und im guten gesundheitlichen Zustand ist.”[22] Allem Anschein nach war aber die Mehrheit der Mitglieder deutscher Abstammung. Diese Feststellung zu untermauern sollen hier die Liste der Würdenträger des Vereins im Jahre 1910 und eine Stelle aus der Satzung angeführt werden. Der Vorsitzende war Mihály Bruszt sen., der Vizevorsitzende Ignác Hörcher, der Sekretär Pál Baljer, Kassier Mihály Bruszt jun., Revident József Friedl, Revisor József polinger, Márton Brünner, Fahnenträger Pál Giszler, János Schwarz. Die Mitglieder des Ausschusses waren Ferenc Rohic, János Janza, Mihály Szlifka, Ferenc Garai, Ferenc Vagner, Jakab Schváb, István Nau und Ferenc Schneider. Aus den 17 Würdenträgern hatten 14 eindeutig deutsche Namen.

Im § 4. der Satzung steht folgendes: „Jedes Mitglied erhält ein vom Vorsitzenden, vom Vizevorsitzenden, vom Kassier und vom Protokollführer unterschriebenes, mit dem Stempel des Vereins versehenes Büchlein, worin die Satzung in ungarischer und deutscher Sprache gedruckt ist.” – Im Leben des Vereins, bzw. seiner Mitglieer soll die deutsche Sprache eine wichtige Rolle gespielt haben, wenn die Gründungsmitglieder es für wichtig hielten, das die Rechte und Pflichte beinhaltende Büchlein zweisprachig auszudrucken und zu verteilen.

1912 wurde die Satzung modifiziert, die Summe der Mitgliedsbeiträge wurden nach 25 Jahren aktualisiert, ausserdem lautete § 1 folgendermaßen: „Sitz des Vereins ist in Erzsébetfalva, seine Sprache ist ungarisch.” Ursache dafür konnte die vorgeschrittene sprachliche Assimilation, die auf den minimalen Stand verringernde Anzahl der Personen, die kein Ungarisch sprachen, oder der nicht ausgesprochene Druck seitens der ungarischen Behörden.

Der Verein wurde schließlich 1936 vom Ministerialrat Gyula Kilb aufgelöst. In der Begründung steht, dass „laut der Meldung der zuständigen Behörde kam es ihm zur Kenntnis, dass der Verein seit 2 Jahren keine Tätigkeit ausübt, davor war seine Tätigkeit ebenfalls satzungswidrig, warum er seine Aufgaben und Ziele nicht verwirklichen konnte.”

[1] MANHERZ 1998, 3.

[2] BOGYIRKA 2000, 91-92.

[3] HAMBUCH 1999

[4] FÓNAGY 1999, 319.

[5] EPPEL 1999, 365.

[6] MOLNÁR 1936, 198.

[7] Derselbe, 197.

[8] Derselbe. 198.

[9] MOLNÁR 1936, 195.

[10] Zentrales Statistische Amt (KSH), Daten der Volkszählung 1890

[11] MOLNÁR 1936, 195.

[12] Zentrales Statistische Amt (KSH), Daten der Volkszählung 1900

[13] Zentrales Statistische Amt (KSH), Daten der Volkszählung 1910

[14] Zentrales Statistische Amt (KSH), Daten der Volkszählung 1920

[15] Zentrales Statistische Amt (KSH), Daten der Volkszählung 1930

[16] Zentrales Statistische Amt (KSH), Daten der Volkszählung 1941

[17] Zentrales Statistische Amt (KSH), Daten der Volkszählung 1980, 20. Bezirk

[18] Zentrales Statistische Amt (KSH), Daten der Volkszählung 1990, 20. Bezirk

[19] Zentrales Statistische Amt (KSH), Daten der Volkszählung 2001, 20. Bezirk

[20] ÚTMUTATÓ 1910

[21] Országos Széchényi Könyvtár, Kispest-Szent Lőrinczi Hírlap. 1896. 1. tek. FM3/1958

[22] Budapest Főváros Levéltára IV. 1427